Warum brauchen wir ein Studierendenhaus?

Die Uni gilt für viele nach wie vor als ein Ort an dem man sich politisch und inhaltlich (weiter)bilden kann, wo man lernt, Kritik zu üben und gemeinsam die großen gesellschaftlichen Probleme angeht. Aber für all diese Aktivitäten (und noch viele mehr) braucht man Platz und Räume, in denen man sich ausleben kann. Dafür ist das Studierendenhaus da. Aber: noch gibt es am IG Farben Campus kein Studierendenhaus, und der Kampf um ein selbstverwaltetes Haus für die Studierendenschaft dauert seit 9 Jahren an. 

Die Idee des Studierendenhauses sieht dieses als ein politisches, kulturelles und soziales Zentrum zur Gestaltung des studentischen Lebens und dem Erlernen von Demokratie. Wie schon Max Horkheimer, damaliger Präsident der Goethe-Uni, 1953 bei der Eröffnung des Bockenheimer Studierendenhauses sagte: es geht darum, den „Umgang mit Menschen anderer Nationen, Religionen (…) freiwillige Hingabe an soziale, künstlerische, sportliche Tätigkeiten, Liebe zum Denken und Forschen, zum Diskutieren, zur kreativen Muße, kurz die den Geist der realen und tätigen Demokratie“ zu praktizieren. In einer Zeit, in der unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit rechte, rassistische und antifeministische Meinungen eine vermeintliche Mehrheit repräsentieren, und diese Meinungen in die Öffentlichkeit und die Universitäten getragen werden, sind Räume, in denen sich Widerstand formiert, in denen sich Gemeinschaft bildet und Politisierung gefördert wird, wichtiger denn je. Momentan wirkt das Studierendenhaus in Bockenheim als ein solcher Raum, aber im Zuge des Ausbaus des neuen IG Farben Campus soll auch dort im Zentrum der Universität wieder ein Studierendenhaus stehen. 

Studentisches Leben braucht Ausdrucksmöglichkeiten, genauso wie wir einen lebendigen, politischen IG Farben Campus brauchen. Das neue Studierendenhaus soll ein Ort sein, an dem politische Auseinandersetzung, Vernetzung und Austausch stattfinden, aber auch ein Ort, an dem sich Studierende aufhalten können, ohne Geld auszugeben, an dem es Platz gibt zum Lernen, gemeinsame Projekte zu planen, ins Kino zu gehen und außer-universitäre Veranstaltungen zu besuchen. Zu einem studentischen Leben gehören gemeinsam lernen wie auch gemeinsam feiern und gemeinsam Politik machen einfach dazu. Dafür setzen wir uns ein und begleiten die Bauplanungen und -entwicklungen zum neuen Studierendenhaus mit wachem Auge, damit diese Freiheiten und Ausdrucksmöglichkeiten eines studentischen Lebens nicht verloren gehen.  


Redebeitrag des AStAs für die Podiumsdiskussion am 19.12.2019

Das Studierendenhaus ist ein politisches, kulturelles und soziales Zentrum, das den Raum zur Gestaltung des studentischen Lebens und dem Erlernen von Demokratie ermöglichen soll. Es geht bei der Idee des Studihauses darum, Demokratie zu üben und lernen, miteinander zu leben, Vorurteile gegenüber anderen abzubauen und Gemeinschaft zu bilden und Räume für politische Diskurse zu öffnen und Widerstand zu formieren und aufrecht zu erhalten. 

Im gesamten Stadtgebiet sind solche Räume bedroht; sie stehen in regelmäßigen Abständen vor der Schließung und müssen immer wieder erkämpft werden. Linke Räume waren in der Vergangenheit nicht nur von Schließung und Infragestellung bedroht, sondern wiederholt auch von Brandanschlägen betroffen. Hier werden die Entwicklungen, die sich explizit gegen linke Politik richten, spürbar und bedrohlich.

In einer Zeit, in der unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit rechte, rassistische und antifeministische Meinungen eine vermeintliche Mehrheit repräsentieren, und diese Meinungen in die Öffentlichkeit und die Universitäten getragen werden, sind Räume in denen sich Widerstand formiert, in denen sich Gemeinschaft bildet und Politisierung gefördert wird, wichtiger denn je (oder so wichtig wie immer schon). Dass die Politisierung von Studierenden und Widerstand üben wichtig bleiben, zeigen die Probleme an deutschsprachigen Unis: die Vergabe von Räumen und Vorträgen an Leute wie André Poggenburg 2017 in Magdeburg oder Bernd Lucke in Hamburg, die Räumung der Studierenden, die im Dezember 2019 den Festsaal der TU Wien besetzt hatten, um gegen „Leistungsdruck, Zugangsbeschränkungen, Studiengebühren“ zu demonstrieren und auf Anweisung des Rektorats von der Polizei geräumt wurden. Diese Vorfälle zeigen, dass studentischer Protest Wirkung zeigen kann. Aber um überhaupt zu diesem Punkt zu kommen, braucht es Räume, in denen sich dieser Protest formieren kann. Dieser politische Anspruch/diese politische Verantwortung hat sich nicht geändert. Aber der Umgang der Uni, der Stadt und des Landes mit einem politischen Haus und einer politischen Studierendenschaft gestaltet sich nach wie vor schwierig.

Heut ist niemand der Verantwortlichen aus der Politik anwesend. Alle von uns eingeladenen Personen haben für heute abgesagt. Sie ziehen damit sich aus der Verantwortung und lassen die Studierenden hängen. In der Landesregierung, in der Koalition im Römer und auch an der Uni brüstet man sich mit einem Hochglanzcampus, aber die Demokratiefähigkeit und Erziehung zur mündigen Bürger_innen werden vernachlässigt und verlieren an Wichtigkeit. Wir beobachten als Studierendenvertretung wie zunehmend politische Bildung an studentische Gruppen und Initiativen ausgelagert wird. Dass die Uni und die Politik sich aus der Verantwortung ziehen, legt nahe, dass sie eine unpolitische Studierendenschaft und unpolitische Studierende wollen, entgegen der Aussage in der Presse vom 25.11.19 in der FR, dass an der Goethe Universität „mündige BürgerInnen herangebildet“ werden sollen. 

Unser Ziel ist es nach wie vor ein nutzbares Haus auf dem IG Farben Campus zu beziehen. Dafür bestehen wir aber gegenüber der Politik und der Universitätsleitung auf dem ursprünglich vereinbarten Nutzungskonzept. Wir brauchen ein nutzbares Haus und nutzbar bedeutet auch nach 22 Uhr nutzbar, ob für Kino, Vorträge oder Partys. Studentisches Leben braucht Ausdrucksmöglichkeiten, genauso wie man einen lebendigen, politischen IG Farben Campus braucht. 

Dass der Bau jetzt so teuer wird, und dass wiederholt Vorschläge und Mitarbeit seitens des AStA abgelehnt wird, sind Versäumnisse von Uni und Land, die zeigen, welche Vorstellungen dort von studentischem Leben und studentischer Selbstverwaltung herrschen. Auch wenn immer betont wird, dass man den Studierenden einen großen Gefallen tun würde, das Haus so zu bauen: Ein nicht nutzbares, aber 16 Millionen teures Haus auf den Campus zu stellen, und sich mit der vermeintlichen Unterstützung der Studierendenschaft zu brüsten, obwohl kein studentisches Leben in dem Haus mehr stattfinden kann, bringt uns nichts. Es handelt sich hier um leere große Worte und eine Instrumentalisierung des Studierendenhauses um die Marke Goethe Uni voranzubringen. So etwas halten wir hier für nicht angebracht! Auch dass die Uni sich nicht stärker einsetzt oder Änderungen ausarbeitet, zeigt für uns, dass die Arbeit des AStAs im Haus nicht wertgeschätzt wird, wenn sich nicht dafür eingesetzt wird, dass das Haus auch nach 22 Uhr genutzt werden kann. 

Die Uni ist in der Bringschuld für weitere Planungs- und Verbesserungsvorschläge. Das Präsidium ist in der politischen Verantwortung die Idee eines selbstverwalteten, nutzbaren Hauses umsetzen: es ist in dem Sinn kein Privileg, ein solches Haus zu haben und zu verwalten, sondern eine politische Verantwortung gegenüber den Studierenden und der Zivilgesellschaft.